Niddal Salah-Eldin geht
17.10.2024
Niddal Salah-Eldin (39), für globale Talent- und Culture-Themen zuständig, „hat sich entschieden, im Zuge dieser Strukturveränderung aus dem Vorstand und dem Unternehmen auszuscheiden“, schrieb Axel Springer-Chef Dr. Mathias Döpfner vergangene Woche in einem Brief an die Mitarbeiter. Bei Springer gibt es bekanntlich große Veränderungen im Unternehmen, im Aufsichtsrat und im Vorstand.
Salah-Eldin hat von 2014 bis 2019 als Head of Social Media für die „Welt“ gearbeitet, war dann Vize-Chefredakteurin bei der dpa und kehrte 2021 zu Axel Springer zurück, um Leiterin der FreeTech-Academy zu werden, einer Mischung aus Journalistenschule und Tech-Programm. Diese Position behielt sie auch als Vorstandsmitglied.
In einer Inside-Story von Axel Springer aus dem Jahr 2016 heißt es:
Niddal Salah-Eldin war knapp vier Jahre alt, als sie mit den Eltern aus dem Sudan nach Deutschland kam. Abends las ihr der Vater in gebrochenem Deutsch Grimms Märchen vor, so verliebte sie sich in die Sprache. Als junges Mädchen sei sie „burschikos und sehr nerdy“ gewesen, habe zwar viele Freunde gehabt, sich aber auch stundenlang mit römischer Geschichte beschäftigen können. Mit 13 Jahren dann war sie das erste Mädchen im Computer-Club ihres Göttinger Gymnasiums. Kein gewöhnlicher Teenager also, und nach dem Abitur wollte sie keine gewöhnliche Karriere.
Sie studierte in Mainz und Washington, D.C. Publizistik, Journalismus und Politikwissenschaften, arbeitete bei CNN, beim ZDF und beim Spiegel, bei RTL und Phoenix. Doch als sie 2012 ihren Abschluss hatte, wusste sie erst mal nicht weiter. Den Beruf, den sie haben wollte, gab es noch gar nicht! Die meisten Redaktionen hatten noch wenige Berührungspunkte mit Social Media. Salah-Eldin beschloss, ein Traineeship als Kommunikationsberaterin bei der Agentur Ketchum Pleon zu machen. „Umwege erhöhen die Ortskenntnis“, lautet ihr Resümee dieser Zeit. Doch sie griff sofort zu, als das Angebot für die Social-Media-Gründungsredaktion bei der Welt kam – passenderweise über Twitter.
Vor etwas mehr als drei Jahren ist Salah-Eldin zu Axel Springer zurückgekehrt, u.a. war sie zuletzt auch Co-Leiterin eines global KI-Teams des Unternehmens. Nun schlägt die Medienmanagerin ein neues Kapitel auf.
„Mein Heimatland Sudan und meine Familie brauchen meinen Fokus. Alle, die mich kennen und in letzter Zeit mit mir gesprochen haben, wird es nicht überraschen, dass mein zivilgesellschaftliches Engagement für den Sudan zunächst im Mittelpunkt stehen wird“, schreibt Salah-Eldin in einem LinkedIn-Post, der fast 2.000 Mal geliked und über 200 Mal kommentiert wurde.
Der Sudan ist seit April 2023 Schauplatz eines blutigen Machtkampfes zwischen De-facto-Machthaber Abdel Fattah al-Burhan und dessen früherem Stellvertreter Mohamed Hamdan Daglo. Infolge des Konfliktes sind mehr als zehn Millionen Menschen auf der Flucht, zudem droht eine schwere Hungersnot.
Für Salah-Eldin sind diese Zahlen nicht abstrakt und die Bilder nicht weit weg. „Es sind auch meine Angehörigen, ihre Freunde und Kollegen. Sie hatten alle Wünsche und Pläne fürs Leben. Diesen wurde durch den grausamen Krieg der Stecker gezogen. [...] Mein Vater wünscht sich sehr, noch einmal seine Heimat zu sehen. Meinem kleinen Sohn möchte ich eines Tages zeigen können, wo ich herkomme.“
Der Sudan habe keine Lobby, stellt Salah-Eldin fest. Einen Krieg könne sie nicht beenden, „aber hoffentlich möglichst vielen Menschen helfen, nicht zu verenden“.
Salah-Eldin gibt in dem LinkedIn-Post Einblicke in ihr Seelenleben: „Man bereut im Leben oftmals eher Dinge, die man nicht getan hat, weil man keine Zeit hatte, glaubte, keine zu haben oder andere wichtige Gründe dagegen sprachen. Die Menschen im Sudan brauchen jetzt alle Kräfte, die wir mobilisieren können. Heute, nicht morgen. Die Staatengemeinschaft kann oder will nicht die erforderliche Hilfe leisten. Also ist die Zivilgesellschaft gefragt. Wir alle.
Ich.“ „Wer will ich mal gewesen sein?“, das sei eine Leitfrage, die sie seit Jahren begleiteten, so Salah-Eldin. Und weiter: „Wenn mein 80-Jähriges Ich mich eines Tages fragt: Was haben wir damals gemacht, als unsere Heimat in Flammen stand? Dann möchte ich sagen können: Wir waren klar und haben gehandelt.“
Ob sie ins Mediengeschäft zurückkehrt, lässt sie offen.
Eine mutige, entschlossene Frau geht ihren Weg.
-karma-
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