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Das Aktuelle Medieninterview – Erfolgsfaktor multimediale Inhalte
17.10.2024
Karsten Kammholz ist Chefredakteur beim „Mannheimer Morgen“, einer 100%igen Tochter der HAAS Mediengruppe, eines der führenden Medienunternehmen in der Metropolregion Rhein-Neckar und im Main-Tauber-Kreis.
PreMedia:
Herr Kammholz, ich freue mich sehr darüber, mit Ihnen über die Entwicklung des „Mannheimer Morgen“ im Sinne der Transformation der Zeitungsmedien sprechen zu können. Wo steht aus ihrer Einschätzung die regionale Tageszeitung heute? Welche Rolle spielt die gedruckte Tageszeitung dabei? Und – vielleicht – wie lange noch?
Karsten Kammholz:
Zunächst, lieber Herr Malik, danke ich Ihnen, dass Sie mir die Möglichkeit geben, über die vielfältigen Veränderungsprozesse beim Mannheimer Morgen und der HAAS Mediengruppe zu sprechen. Unser Printprodukt ist ganz klar noch erfolgreich. Mitunter habe ich aber den Eindruck, dass viele Leser der klassischen, gedruckten Tageszeitung noch nicht ausreichend wissen, wie groß der Spagat der redaktionellen Arbeit zwischen Online und Print wirklich ist und wie aufwändig und kostenintensiv Druck und Zustellung geworden sind. Sobald wir mit Lesern darüber in den Dialog gehen, stoßen wir auf viel Verständnis – etwa, was Abopreise angeht oder die stärkere Fokussierung auf das digitale Portfolio. Was ich auch in etlichen Gesprächen feststelle: Regionale Tageszeitungen werden gebraucht. Sie sind mehr denn je Garanten für guten, unabhängigen Journalismus und demokratische Teilhabe. Sie sind - digital und gedruckt - das Gegengift gegen Fake News und unkontrollierte Social-Media-Meinungsmache.
PreMedia:
Können Sie unseren Lesern den Mannheimer Morgen als Multimedia-Marke näher vorstellen?
Karsten Kammholz:
Wir bauen unsere digitalen Aktivitäten immer weiter aus. Seit 2020 haben wir allein in Mannheim ein Dutzend Podcasts an den Start gebracht. Mehrere Newsletter begleiten unsere Nutzer durch den Tag und die Woche. Auf der Website und der News-App informieren wir die Region von den frühen Morgenstunden bis in den späten Abend, sonntags erscheint zusätzlich ein kuratiertes E-Paper. Wir haben zudem mehrere Audiences definiert, die wir intensiv mit digitalen Inhalten bespielen, zum Beispiel Foodies, die Anhänger von Waldhof Mannheim oder die Fans von True Crime. Wir wachsen in Social Media, publizieren neben Facebook, Instagram, Threads, Linkedin und X auch auf TikTok und bauen bei YouTube unser Bewegtbildangebot aus. Ohne die Plattformen geht es nicht, sie bringen uns neue Nutzer und sind immer der unmittelbare Indikator, welche Inhalte digital funktionieren.
PreMedia:
Wie hoch ist die durchschnittliche verkaufte Auflagenhöhe in Print? Wie viele Digital-Abos werden gekauft?
Karsten Kammholz:
Aktuell verkaufen wir in der Zeitungsgruppe rund 90.000 Abos, davon mehr als 25.000 reine Digitalabos mit einem zweistelligen prozentualen Wachstum zum Vorjahr.
PreMedia:
In der HAAS Mediengruppe werden ja neben dem „Mannheimer Morgen“ auch die „Schwetzinger Zeitung“, „Bergsträsser Anzeiger“ und die „Fränkische Nachrichten“ publiziert. Wie arbeiten die Redaktionen zusammen, gibt es hier einen Redaktionspool?
Karsten Kammholz:
Von Mannheim aus produzieren wir sämtliche überregionalen Inhalte für alle Titel, zudem tauschen wir uns in verschiedenen Formaten wie dem HAAS Content Board regelmäßig aus. Gerade im Digitalen intensivieren wir die Zusammenarbeit – im Übrigen auch mit unseren Vertriebskollegen über ein gemeinsames Northstar-Projekt mit klar definierten Digitalzielen. Und da wir verstärkt journalistische Events veranstalten und damit Geld verdienen, arbeiten wir automatisch viel mehr mit unserer Vermarktung zusammen.
PreMedia:
Die Funke Mediengruppe, u.a. auch die Verlagsgruppe Madsack, bereiten sich bis ca. 2030 auf den Ausstieg von der Printausgabe vor. Wie schätzen Sie, Herr Kammholz, diese mittelfristige Entwicklung bei der Print-Ausgabe beim „Mannheimer Morgen“ ein?
Karsten Kammholz:
Wir gehen davon aus, dass es die gedruckten Ausgaben von Mannheimer Morgen und unserer vier weiteren Tageszeitungen noch lange geben wird, denn die Nachfrage nach einer gedruckten Regionalzeitung ist in unserem Verbreitungsgebiet weiterhin vorhanden. Allerdings werden wir bei Bedarf auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren wissen.
PreMedia:
Ich möchte erfahren wie Sie die Arbeit der Redakteure, Korrespondenten organisieren. Wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen Print- und Online-Redakteuren? Wieviele Redakteure arbeiten insgesamt für den Multimedia-Auftritt des „Mannheimer Morgen“?
Karsten Kammholz:
Wir fahren sehr gut mit unserem Autoren-Editoren-Modell. Wir haben mehr Zeit und Ressourcen für eine effiziente Produktion auf der einen Seite und Recherche und die Umsetzung aufwändiger Formate auf der anderen Seite. Wir haben durch die Fokussierung zuletzt beachtenswerte Erfolge erzielt, zum Beispiel fast alle großen Journalistenpreise gewonnen, vor allem mit digitalen Formaten. Dass das möglich geworden ist, hängt auch mit der Spezialisierung in den Online-Kanälen und der Implementierung von User Needs zusammen. Allein im Online-Kernteam in Mannheim sind rund zehn Kolleginnen und Kollegen beschäftigt, das multimediale Angebot zu erstellen und zu kuratieren.
PreMedia:
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bietet ein großes Chancenpotenzial, ist aber auch von großen Risiken begleitet. Wie wird der Einsatz von KI beim „Mannheimer Morgen“ organisatorisch durchgeführt? Wie wird die Kontrolle über vernetzte Quellen bewerkstelligt?
Karsten Kammholz:
Im Tagesgeschäft arbeiten wir längst mit KI, haben mit unserem AI Buddy ein faszinierendes Tool, das uns bei der Erstellung von Meldungen, bei Überschriften, Teasern und optischen Lösungen unterstützt. Jede Arbeit mit KI wird von uns überprüft, sozusagen abgenommen, bevor wir sie publizieren. Dieses Vorgehen haben wir in unseren Leitlinien verankert und transparent gemacht. In einer unternehmensweiten Arbeitsgruppe halten wir uns gegenseitig auf dem Laufenden, denn KI durchdringt und verändert alle Bereiche des Medienhauses. Wir haben die Haltung: Lasst es uns ausprobieren! Und wenn etwas nicht funktioniert, sind wir zumindest schlauer. Wir haben etwa unseren von KI-Stimmen gesprochenen täglichen Nachrichtenpodcast wieder eingestellt. Er hat einfach im Markt nicht die erhoffte Akzeptanz und Reichweite erzielt.
PreMedia:
Die erfolgreiche Content-Vermarktung vor allem im Digitalbereich ist wohl von entscheidender Bedeutung für die erfolgreiche Zukunft von nationalen wie regionalen Zeitungsverlagen. Welche Produkt-Preis-Kombinationen werden beim „Mannheimer Morgen“ den Lesern
angeboten?
Karsten Kammholz:
Wir haben drei zentrale Abo-Angebote: das Premium-Abo beinhaltet die Printzeitung, das E-Paper sieben Tage die Woche und den freien Zugang zu App und Website. Dann folgt das E-Paper-Abo und als Einstieg in den
digitalen Mannheimer Morgen unser Abo MM+ für knapp 10 Euro im Monat. Wir arbeiten natürlich mit saisonalen Sonderaktionen, aber bieten auch neuerdings Unternehmen und Institutionen digitale
Abos für ihre Mitarbeitenenden an. Wer weiß, ob da ein ganz neues Marktmodell entsteht.
PreMedia:
Hr. Kammholz, ich danke Ihnen sehr für dieses Gespräch.
Karsten Kammholz:
Sehr gerne geschehen, lieber Herr Malik. Ihnen alles Gute und weiterhin so viel kreative Schaffenskraft!
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